Buchbesprechung:
Menschen in aufenthaltsrechtlicher Illegalität
Nr. 15: April 2007
>>zurück zur Übersicht?
»Können einem Staat unabhängig von seinem Recht, über
Aus- und Einreise zu bestimmen, Pflichten zugewiesen werden, wenn
es um die Verwirklichung von Menschenrechten geht?«
Andreas Fisch stellt diese Frage mit Blick auf die Situation von
Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität. Sein in dieser
Form einmaliger Überblick und Vergleich bisheriger Untersuchungen über
die Lebenssituation von ›Statuslosen‹ in Deutschland (Teil A)
verdeutlicht einerseits die Beweggründe für das Leben in der Illegalität
vor dem Hintergrund der deutschen Gesetezslage. Zum anderen zeigen sich
bezüglich der Lebenslagen von ›Statuslosen‹ spezifische
Problemfelder: Zugang zu Wohnraum, legaler Beschäftigung, Rechtsbeistand,
Gesundheitsversorgung, Zugang zur eigenen Familie und spezifische Probleme ›statusloser‹ Minderjähriger
wie der Zugang zu Bildung. Wenn auch die Mehrzahl der ›Statuslosen‹ viele
akute Situationen zu meistern weiß, benennt Fisch diese Bereiche als
Herausforderungen, die den Staat und die Gesellschaft in die Pflicht nehmen.
Um die ethische Verpflichtung gegenüber ›Statuslosen‹ zu
untermauern, befragt der katholische Theologe die Bibel und Quellen der
kirchlichen Soziallehre sowie zwei säkulare Gerechtigkeitstheorien
(Teil B) und knüpft dabei unter anderem an die befreiungstheologische »Option
für die Armen« an.
Teil C der Dissertation trägt den Titel »Von der Einsicht zur
Tat« und liefert gesetzgeberische Reformvorschläge als menschenwürdigere
Alternative. Dabei wägt Fisch die Folgen der derzeitigen, weitgehend
restriktiven Politik gegen die erwartbaren Folgen der vorgeschlagenen Reformen
ab und kommt zu interessanten Schlüssen: Die praktizierten Maßnahmen
zur Grenzsicherung und Arbeitsmarktkontrolle sind teuer und verfehlen größtenteils
ihr Ziel, illegalen Aufenthalt und illegale Beschäftigung zu verhindern.
Die umstrittene Datenübermittlungspflicht öffentlicher Einrichtungen
erfüllt kaum ihren Zweck der Abschreckung und der Beendigung illegalen
Aufenthalts, schränkt ›Statuslose‹ faktisch jedoch enorm
ein, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. Fisch schlägt dagegen eine
Verbesserung des Asylgesetzes und -verfahrens, bereichsweise Legalisierungen
und die Abschaffung der Übermittlungspflichten vor. Er zeigt auf, inwiefern
dies nicht nur aus ethischer Perspektive geboten ist, sondern auch – systemimmanent
argumentiert – unter Arbeitsmarkt- und Kostengesichtspunkten der derzeitigen
Rechtslage vorzuziehen wäre.
Andreas Fisch: Menschen in aufenthaltsrechtlicher Illegalität. Reformvorschläge
und Folgenabwägungen aus sozialethischer Perspektive, LIT Verlag Berlin
2007.
>>zurück zur Übersicht?
|