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Buchbesprechung
Fatou Diome: »Der Bauch des Ozeans«

Nr. 17: November 2008 >>zurück zur Übersicht?

Vermutlich haben auch Sie schon die eine oder andere Nachricht von Flüchtlingen aus Westafrika vernommen, die vor oder an der Küste Europas ertrunken oder gestrandet sind. Vielleicht fühlten Sie sich dabei sogar unwohl in Ihrer Rolle des Gastgebers und fragten sich nach den Ursachen und Verantwortlichkeiten dieser Tragödien.

Fatou Diome, eine Schriftstellerin aus Senegal, die schon seit Jahren in Frankreich lebt und studiert, gibt in ihrem Roman „Der Bauch des Ozeans“ (Originaltitel: „La ventre de l` Atlantique“) zumindest einige Antworten auf diese Fragen.

Inhaltlich geht es in diesem Buch, einem über weite Stecken hin autobiographischen Roman, um die Auseinandersetzung Sallies, einer in Frankreich studierenden Senegalesin, mit ihrem Bruder Madické, einem fußballbegeisterten Teenager in Senegal. Madické sieht sich trotz seiner Jugend bereits als baldigen Ernährer einer Großfamilie. Außer Cleverness und einem beachtlichen Talent beim Fußballspielen, hat er leider nichts, was ihn zur Erfüllung dieser nicht gerade kleinen Aufgabe befähigen könnte, außer vielleicht dieser Halbschwester, die helfen könnte, da sie schon vor Jahren das große Los gezogen hatte, ins „Goldene Europa“ einreisen zu können, wo man sogar fürs Hundekötteln auflesen oder Garnichts tun, sein Geld bekommt.

So heißt es jedenfalls, denn Sallie hat ein anderes Europa kennen gelernt. Ein Europa, in dem sie sich ihr Studium und ihren Lebensunterhalt als Reinigungskraft erarbeiten musste und zu erfahren hatte, dass sie „nur“ eine Schwarze sei, die immer mal wieder zur Überprüfung ihrer Personalien Stunden auf einem Polizeirevier zu zubringen hat.

Er will nach Europa, um Fußballer zu werden. Sie warnt davor.

Mit gelegentlichen Rückgriffen auf mündliche Erzählweisen spricht die Autorin ihre Leser direkt an. Sie erläutert mal sachlich, mal bissig die Hintergründe der Handlungen oder prangert die Überheblichkeit und die Interessen der Europäer in ihren Beziehungen zu Afrikanern an, z.B. beim Sextourismus oder den Renditeerwartungen in der Entwicklungshilfe.

Bleibt noch zu fragen, was das alles mit dem Bauch des Atlantiks zu tun habe. Doch diese Frage ergründen Sie am besten selbst. Die Lektüre lohnt.

Diogenes Verlag, 2003, ISBN: 3257064454, 224 Seiten


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