Togo– ein Schiffchen in der Globalisierung der Eliten
Nr. 15: April 2007
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Togo wurde zu Zeiten des Deutschen Kaiserreiches propagandistisch
als »Musterkolonie« bezeichnet. Es sei ruhig gewesen, man musste
keine »Entwicklungshilfe« zahlen und die ganze Bevölkerung
von einer Million Togoern konnte durch wenige hundert Deutsche und 750 afrikanische
Angestellte verwaltet werden. Tatsächlich klassifizierte die Kolonialadministration
die Einwohner nach der Hautfarbe. Togoer konnten nur Unterlehrer, Unteroffiziere,
aber keine Ärzte werden. In der Kolonialzeit wurden unter deutscher
Kontrolle zwar vier Schulen, aber auch elf Gefängnisse gebaut.
Bereits 1979 richtete Togo sich an den Internationalen Währungsfond
(IWF) und implementierte erste Strukturanpassungsprogramme in Abstimmung
mit einer Serie von IWF-Unterstützungsprogrammen, Weltbankkrediten
und Umschuldungsaktionen des Pariser Clubs, der mehrere Gläubigerländer
vertritt. Laut der Togolesischen Botschaft führten diese zu erhöhter
Arbeitslosigkeit und einem inländischen Kaufkraftverlust.
1989 beschloss das Kabinett das Gesetz zur Etablierung einer Freihandelszone
in Togo. Für ausländische Investitionen bedeutete dies: die Befreiung
von Einfuhrzöllen, von Umsatzsteuern, von sämtlichen Steuern auf
Einrichtungsgegenstände, Ersatzteile, Rohstoffe, halbfertige Produkte
sowie auf alle Konsumgüter, die zur Einrichtung des Unternehmens wichtig
sind, die Ermäßigung von 50% auf Nutzfahrzeuge, Befreiung von
sämtlichen Steuern auf Exportprodukte, die in den Freihandelszonen
hergestellt werden. Die zugelassenen Unternehmen haben seither folgende
Steuervorteile: Befreiung von Unternehmenssteuern in den ersten zehn Jahren,
nur 15% ab dem 11. Jahr, und die Festsetzung der Einkommenssteuern auf 2%
während der Firmenexistenz. Bis 2002 waren 35 ausländische Firmen
aus Frankreich, Norwegen, Dänemark, den USA, Indien und China in der
Freihandelszone engagiert. Bereits 2000 übernahm ein französisch-kanadisches
Konsortium das staatliche Energieunternehmen.
Jahrzehntelang war Phosphat das wichtigste Exportgut und in älteren
Berichten wird Togo als viertgrößter Phosphatproduzent bezeichnet.
Aufgrund der Menschenrechtsverletzungen stoppte die EU aber ihre Entwicklungshilfegelder,
so dass der Phosphatabbau nicht mehr modernisiert werden konnte und auf
sieben Prozent aller Exporterlöse zurückging. Insofern fuhren
seit 2003 Baumwolle (19%) und Zement (26%) die größten Exporterlöse
ein (Auswärtiges Amt). 40 Prozent aller Exporteinnahmen basieren auf
dem Verkauf von Kakao, Kaffee und Baumwolle. Wie ein Vertreter der Weltbank
meinte, führten ein starker Euro, an den der togoische CFA Franc direkt
angebunden ist, sowie gesunkene Rohstoffpreise schließlich dazu, dass
trotz einer größeren Menge an Baumwollausfuhren, die Exporteinnahmen
bei Baumwolle zurückgingen (Worldbank 2006). Laut CIA-Factbook besteht
ein sehr etablierter internationaler Handel mit Arbeitskräften im Kindesalter
aus und nach Togo, die als Haushaltskräfte, Gepäckträger,
Straßenverkäufer und Landarbeiter arbeiten sowie zur Prostitution
gezwungen werden.
Die wichtigsten Auslandsinvestoren sollen laut www.nationsenyclopedia.com
Firmen aus USA, Frankreich, Deutschland und Dänemark sein. Ein hohes
Außenhandelsdefizit zwischen 100 und 400 Mio. US$ verweist auf einen
hohen ständigen Kapitalausfluss, da das ganze Land mehr für Importe
ausgibt, als es mit Exporten einnimmt. (Übertragen auf einen Haushalt
wäre das so, als würde man in einem Jahr mehr ausgeben, als man
durch Verkauf von Rohstoffen oder Produkten einnimmt.)
Zwischen Frankreich und Deutschland gab es eigentlich schon immer
Differenzen in der Politik gegenüber Togo. In der kurzen Unabhängigkeit
Togos ohne Diktatur, zwischen 1960 und 1963, regierte der von Deutschland
mit Entwicklungshilfe unterstützte Sylvanus Epiphanio Olympio. Als
die Verträge zur Anbindung der Landeswährung an die D-Mark, anstelle
an den Franc, unterschriftsreif waren, wurde Olympio von dem späteren
frankophilen Diktator Eyadéma Gnassingbé ermordet. Die Differenz
zeigte sich auch im April 2005 bei den Wahlen. Während Faure Gnassingbé,
der Sohn des langjährigen Präsidenten Eyadéma Gnassingbé,
nach den gefälschten Wahlen von Jaques Chirac beglückwünscht
wurde, kritisierten die Deutsche Regierung sowie das europäische Parlament
die Wahlen. Die Deutsche Botschaft gab sogar zwei Tage vor den Wahlen dem
damaligen Innenminister in der Deutschen Botschaft in Togo Schutz für
eine Nacht, da dieser einen Abbruch der offensichtlich manipulierten Wahlen
und eine Übergangsregierung mit der Opposition öffentlich forderte
(worauf in der selben Nacht das Goethe Institut von Togo zerstört wurde).
Während die deutsche Außenpolitik, entsprechend ihrer Interessen,
von Togo Reformen zur Demokratie einfordert, bemüht sich die deutsche
Innenpolitik um Abschiebungen der Flüchtlinge aus Togo. Für deutsche
Zeitungsleser wird dieser Widerspruch kaum deutlich, denn in den deutschen
Medien gibt es so gut wie keine Informationen über diese Außenpolitik,
die seit der Kolonialzeit eine einflussreiche Rolle spielt.
Quellen:
Artikel von Bartholomäus Grill in »DIE ZEIT«,
www.wto.org,
www.state.gov, CIA-Factbook, www.worldbank.org, www.german-foreign-policy.com.
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