Togo: Die Macht der 137
Nr. 15: April 2007
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Vor fast genau vierzig Jahren, am 13. Januar 1967, hat in Togo der
Soldat Gnassingbe Eyadema durch einen Coup d‘Etat gewaltsam die Macht übernommen.
38 Jahre sollte er Präsident sein. In seiner Regierungszeit war der
von Frankreich unterstützte Militär der alleinige Herrscher in
Togo und duldete keinerlei Opposition. Die Mehrzahl der Sitze des Parlaments
waren von Mitgliedern seiner Familie, seines Klans der »Kabyé« oder
seiner Partei »RPT« besetzt. Eyadema hatte 137 Kinder. Alle
strategischen und wichtigen Positionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
waren von einem der Söhne besetzt, so z.B. der Parlamentspräsident,
Minister, Generäle der Armee, der Fußballpräsident, usw.
Togo ist ein sehr rohstoffreiches Land und erwirtschaftet v.a.
durch die Erträge aus dem Phosphatabbau viel Kapital. Eyadema verstaatlichte
die Phosphatindustrie in den siebziger Jahren, und enteignete dabei französische
Firmen, womit er starken Widerstand des Bündnispartners Frankreich
provozierte. Der neue Wohlstand kam aber keinesfalls der Bevölkerung
Togos zugute, denn schon ein paar Jahre später wurde die Phosphatindustrie
an Familienmitglieder Eyademas privatisiert.
1991 wurde eine Nationalversammlung unter der Leitung des Bischofes
Kpodro einberufen, um einen Premierminister vom Volk aus zu bestimmen um
damit Eyademas Macht einzuschränken. Der Premierminister Joseph Kokou
Koffigo trat jedoch schon nach kurzer Amtszeit auf Druck von Eyadema in
die RPT ein und vertrat deren Politik.
Die erste offizielle Präsidentschaftswahl fand 1993 statt. Nachdem
die unabhängige Wahlkommision zurücktrat verkündigte der
Regierungssprecher, dass 97% der Stimmen auf Eyadema fielen. Daraufhin gab
es schwere Unruhen und Proteste in ganz Togo, die gewaltsam vom Militär
niedergeschlagen wurden. Mehre hundert Protestanten wurden dabei getötet
und über 200.000 Menschen flohen in die Nachbarländer Ghana und
Benin. In den darauf folgenden Jahren und v.a. an den Wahlterminen 1998
und 2003 wiederholten sich die Proteste, die Politik gegenüber der
Opposition verschärfte sich ebenfalls. Die Europäische sowie die
Afrikanische Union übten jeweils schwere Kritik an Togo, Deutschland
und viele andere Länder stellten die Entwicklungszusammenarbeit ein.
Lediglich Frankreich hielt weiter zu Eyadema.
Vor nunmehr zwei Jahren, im Februar 2005, starb Präsident Gnassinbé Eyadema.
Schon vier Stunden nach Bekanntgabe des Todes erklärte sich sein Sohn
Fauré Gnassinbé zum Präsidenten. Frankreich unterstützte
ihn dabei. Nach internationalen Protesten musste sich Fauré einer
Wahl stellen, wurde aber mit 60% der Stimmen gewählt und regelt seitdem
die Regierungsgeschäfte des Landes.
Aufgrund politischer Verfolgung flohen viele TogoerInnen in die
Nachbarländer, aber auch nach Europa. Deutschland hatte durch seine
Kolonialgeschichte in Togo, sowie aufgrund wirtschaftlicher Interessen im
Lande schon längere Zeit Kontakt zur Opposition. Daher beantragten
viele TogoerInnen politisches Asyl in Deutschland.
In Deutschland sind in den letzten Jahren 7% der AsylbewerberInnen
aus Togo anerkannt worden. Das Auswärtige Amt verharmlost aber in seinem
Länderbericht die Situation in Togo und ermutigt die Ausländerbehörden
Abschiebungen nach Togo vorzunehmen. Die Regierung in Togo ist zur Zeit
stark deutschlandfeindlich. Für RückkehrerInnen aus Deutschland
ist dies besonders schwer. Sie werden meist schon am Flughafen festgenommen
oder reisen direkt nach Ankunft nach Benin oder Ghana weiter um der staatlichen
Verfolgung zu entgehen.
2004 machte eine Gruppe TogoerInnen auf dem Berliner Gendarmenmarkt
mit einem Hungerstreik auf ihre Situation aufmerksam und protestierte gegen
Abschiebungen nach Togo. 2005 rief Pro Asyl dringlich zu einem Abschiebestopp
nach Togo auf. Trotzdem gibt es nach wie vor regelmäßig Abschiebungen
nach Togo, seit 2006 auch Sammelabschiebungen zusammen mit anderen Europäischen
Ländern. Deutschland kooperiert dabei in der Passbeschaffung und der
Rückführung massiv mit togolesischen Behörden, die es ansonsten
kritisiert.
Einer unserer togolesischen Freunde war Asylbewerber in einer brandenburgischen
Kleinstadt. Dort ist er mit täglichen Schikanen der Bevölkerung
aber auch der staatlichen Behörden konfrontiert worden. 2003 war er
Sieger des örtlichen Marathons. Daraufhin wurde er zum Berliner Marathon
eingeladen. Die Ausländerbehörde hat ihm jedoch keinen Urlaubsschein
zum Verlassen seines Landkreises gegeben. Trotzdem ist unser Freund 2004
zum Internationalen Marathon nach Berlin gekommen und bekam dort eine Medaille.
Die Ausländerbehörde hatte aber herausgefunden, dass er beim Marathon
mitgelaufen war und so musste er eine hohe Geldstrafe dafür bezahlen.
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